Publikationen

Regelmäßige Artikel im ISUV-Report (Verbandspublikation und Informationsmagazin des Interessenverbandes Unterhalt- und Familienrecht) - so u.a. folgende Artikel:

Sozialhilfe und Unterhalt - Macht Scheidung arm? -Report 1998/77-
Selbstbehalt und Sozialhilfe -Report 1999/79-
Mangelfallberechnung -Report 1999/81
Schlaglicht: Kippt das Bundesverfassungsgericht den notariellen Unterhaltsverzicht? Report 88; 2001/II
Ehe-Reform mit und ohne PartnerInnenvertrag - Ansprüche 1/2002
Brennpunkt - Braucht man in Deutschland keinen Unterhalt zu bezahlen? Report Nr. 96, Juni 2003/2 -
Wege der Kostenreduzierung bei Trennung und Scheidung Report Nr. 96, Juni 2003/2


Rechtsfragen-Ferienjob, was ist zu beachten? Studentenmagazin: Da-Lang, Ausgabe 5.

In den bevorstehenden Semesterferien erwartet einen nicht nur der Ferienjob, sondern auch die mit diesem verbundenen Fragen.

Über die Höhe des Einkommens gibt der Arbeitsvertrag Auskunft. Das Einkommen setzt sich, je nach Art und Umfang der auszuübenden Tätigkeit, aus einer Grundvergütung, dem Stundenlohn und evt. Zulagen zusammen, die in der Regel für Schichtarbeit gezahlt wird.
Diese Schichtarbeit ist an unterschiedliche Arbeitszeiten gebunden. So ist häufig im wöchentlichen Wechsel eine Früh-  und Spätschicht auszuüben. Der Beginn und das Ende dieser Schichten ist in dem Arbeitsvertrag anzugeben. Ebenso auch die Dauer und die Häufigkeit der Pausen.
Ist das Arbeitsverhältnis zeitlich begrenzt, so ist hierfür der sachliche Grund anzugeben.
Sehr oft ist eine saisonbedingte Tätigkeit Gegenstand des Arbeitsvertrags.
Schliesst sich an einen befristeten Arbeitsvertrag ein weiteres Arbeitsverhältnis an, so besteht mit der Beendigung dieser Befristung die Möglichkeit, dieses Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umzuwandeln. Ab dem 20. Arbeitstag besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Urlaubsansprüche bestehen erst ab dem 6. Monat eines Arbeitsverhältnisses.

Liegen die Bezüge bei über 400,00 Euro, so sind von dem Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abzuführen. Bis zu einem Einkommen von 400,00 Euro zahlt dieser ab dem 01.07.2006 einen Beitrag von 30 % (bisher 25 %) an die Knappschaft. Ab dem 01.07.2006 ist hierin ein Krankenkassenbeitrag von 13 % und der Beitrag an die Rentenversicherung von 15 % enthalten.

Bei Unfällen auf dem Betriebsgelände besteht ebenfalls Versicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung, die die Kosten der Heilbehandlung übernimmt. Ebenso Schmerzensgeldansprüche oder Rentenansprüche. Sollte über das Arbeitsverhältnis ein höherer Verdienst erziehlt werden, so können für diese Zeiten Beiträge in die Rentenkasse entrichtet werden. Zu diesen Fragen sollte zusätzlich noch eine Auskunft der Deutschen Rentenversicherung oder einer gesetzlichen Krankenversicherung eingeholt werden.

Rechtsanwalt Manfred Hanesch


Ratgeber Geld und Recht: Das Geld ist knapp, ich stehe jedoch vor dem Vordiplom - helfen mir meine Eltern finanziell ? Studentenmagazin Da-lang.de, Ausgabe 3

Ich bin 22 jahre alt und im 5. Semester, ich stehe vor dem Vordiplom und muss mich hierauf vorbereiten. Ich habe aber keine Möglichkeit mehr, jobben zu gehen.
Sind meine Eltern verpflichtet, mir finanziell auszuhelfen ?

Eltern müssen ihre Kinder finanziell unterstützen, sofern sie studieren oder kein eigenes anrechenbares Einkommen haben. Lebt der Student beispielsweise alleine, so liegt der Unterhaltsbedarf bei bis zu 640,00 Euro, je nach Einkommen der Eltern. Dieser Satz entspricht in etwa dem Bafoegstandart. Leben die Eltern
getrennt oder sind sie geschieden, so ist das Einkommen beider Elternteile für die Unterhaltsermittlung zu berücksichtigen. So verfügen beide Elternteile bei einem Nettoeinkommen des Vaters von 1.500,00 Euro und dem Nettoeinkommen der Mutter von 1.000,00 Euro über ein Gesamteinkommen von 2.500,00 Euro.
Die Eltern zahlen in diesem Beispiel hierbei anteilig 384,00 Euro (Vater) und 256,00 Euro ( Mutter). Den Eltern steht jeweils ein Selbstbehalt von 1.100,00 Euro an ihrem Nettoeinkommen zu.
Auf diesen Unterhalt wird normalerweise das Einkommen aus einer studentischen Tätigkeit angerechnet. So liegt der Unterhalt im Falle eines Verdienstes von monatlich 250,00 Euro bei 134,00 Euro. Sofern sich der Student auf eine Prüfung vorbereitet, ist dieses Einkommen nicht anrechenbar.

Dieser Unterhaltsanspruch besteht für die Dauer des Studiums, sofern keine überlange Studienzeit vorliegt, die über der Regelstudienzeit liegen muss.
Diese kann, je nach Ausnahmesituation, wie im Falle einer Erkrankung - um bis zu 2 Jahre überschritten werden. Verzögerungen, die in der Person des Studenten liegen, müssen sich die Eltern nicht bieten lassen, wie die Bummelei. Daher ist es ratsam, frühzeitig einem Schreiben Belege für einen zügigen Studienverlauf beizufügen.

Reichen also die Mittel für einen Studienbedarf nicht aus, so ist der Unterhalt gegenüber den Eltern schriftlich geltend zu machen. Hierbei sind zunächst die Studienbescheinigungen und die Leistungsnachweise vorzulegen. Ebenso müssen die Eltern aufgefordert werden, über ihr Einkommen Auskunft zu erteilen und diese Auskünfte unter Vorlage der entsprechenden Dokumente zu belegen. Sollten die Eltern abhängig beschäftigt sein, genügt hierfür die Vorlage der
Verdienstbescheinigung für die letzten 12 Monate, im Falle der selbstständigen Tätigkeit die Gewinn- und Verlustrechnungen für die letzten 3 Jahre.
Dieser sich aus diesen Auskünften ergebende Unterhalt ist sofort unter Angabe einer Frist anzufordern. Nur in dieser Form werden die Eltern in Verzug gesetzt, der für die Zukunft eine Unterhaltspflicht auslöst. Für die Vergangheit kann daher kein Unterhalt gefordert werden.

Sollten die Eltern hierauf nicht reagieren, so ist der Unterhalt gerichtlich durchzusetzen. Für die notwendigen Kosten steht die Möglichkeit offen, Prozesskostenhilfe zu beantragen, ebenso die Beratungshilfe. Den Berechtigungsschein für die Beratungshilfe erhält man in Darmstadt bei dem Amtsgericht in der Julius-Reiber-Straße 15 in der Zeit ab 8,00 Uhr an jedem Montag und Mittwoch. Ebenso bei dem Amtsgericht in Dieburg.


Rechtsanwalt Manfred Hanesch 

Die Anforderungen an die Höhe des Selbstbehalt aus sozialpolitischer Sicht.

 

Die Anforderungen an die Höhe des Selbstbehalt aus sozialpolitischer Sicht.

 

Gegenwärtig unterliegt der familienrechtlich relevante Selbstbehalt Änderungen, die sich aus der rechtspolitischen Situation seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09. Februar 2010 (vgl. 1 BvL 4/09) ergeben. Der Selbstbehalt soll dem Unterhaltspflichtigen ein Auskommen ermöglichen, das im seinen eigenen Lebensbedarf abdecken soll. Er setzt sich zusammen aus dem eigentlichen Regelsatz, den Unterkunftskosten und einem angemessenen Erwerbsanreiz, dessen Funktion im Weiteren erläutert wird.

 

Ausgehend von dieser Entscheidung wird gegenwärtig die Frage geklärt, wie die grundlegenden Komponenten Regelsatz und die notwendigen Kosten der Unterbringung definiert sein müssen, um dem Einzelnen ein menschenwürdiges Dasein in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Gleiches gilt für einen weiteren angemessen Freibetrag, der einen Erwerbsanreiz darstellen und einen gewissen Spielraum für erhöhte Sonderausgaben ermöglichen soll.

 

Für den Selbstbehalt bedeutet diese Entwicklung eine notwendige Anpassung an diese neu zu definierenden Maßstäbe. Eine Anpassung an diese Entwicklung ist für die Festsetzung des Selbstbehalts unumgänglich. Diese Anpassung muss einhergehen mit der Anpassung der Regelsätze, zu der der Gesetzgeber bis zum Ablauf des 31.12.2010 von Seiten des Bundesverfassungsgerichts aufgefordert wurde. Maßgeblich für die Bestimmung des Selbstbehalts sind die Bezugsgrößen des Regelsatzes, die notwendigen Unterkunftskosten und ein ausreichender Erwerbsanreiz. Die sonstigen sozialrechtlich relevanten Positionen, wie die berufsbedingten Aufwendungen, oder die Beiträge für eine angemessene Versicherung oder eine Altersvorsorge können im Unterhalt sowohl als Vorwegabzug bei dem Einkommen oder aber als weitere Pauschale im Rahmen des Selbstbehalts Berücksichtigung finden. In jedem Fall sollte ein gewisser Spielraum für den Unterhaltspflichtigen für sonstige dringende Ausgaben möglich sein.

 

Die Frage ist, auf welche Weise die Neubestimmung des Selbstbehalts diesen Anforderungen gerecht werden kann. Hierbei sind wiederum die Vorgaben der Leistungen des SGB II zu berücksichtigen und der Ermittlung zugrunde zu legen.

 

Mit dem Selbstbehalt werden unterschiedliche, einander sich widersprechende Bedürfnisse verbunden, die einer klaren Strukturierung widersprechen.

 

Der Selbstbehalt steht in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Anliegen, auf der Seite des Unterhaltsberechtigten, ein Auskommen oberhalb der Grenze des sozioökonomischen Selbstbehalts zu ermöglichen, und aus der Seite des Unterhaltsverpflichteten, seinen angemessenen Lebensbedarf zu bestreiten, ohne selbst bedürftig zu werden. Der Selbstbehalt soll dem Unterhaltspflichtigen entsprechend der Forderung der Rechtsprechung ein Leben oberhalb dieser Grenze ermöglichen. Der Unterhaltspflichtige soll selbst nicht infolge der Unterhaltspflicht bedürftig werden (vgl. Bundesverfassungsgericht FamRZ 2001, 1685 u. FamRZ 2003, 661 und BGH, FamRZ 1990, 849, 850 u. 2006, 683, 684). Er soll also in der Lage sein, weiterhin für seinen Lebensbedarf zu sorgen. Andererseits soll dieser notwendige Spielraum für den eigenen Lebensbedarf in einem angemessen Verhältnissen zu den notwendigen Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten stehen und diese unterschiedlichen Bedürfnisse zu einem angemessenen und gerechten Ausgleich führen.

Besonders deutlich wird dieser Zielkonflikt im Bereich des Kindesunterhalts, da minderjährige Kinder und die ihnen gleichgestellten Kinder einen erhöhten notwendigen Bedarf haben, der sich unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 künftig stärker auf die Teilhabe an der Ausbildung und deren Realisierung erstrecken soll. Dem Unterhaltsverpflichteten soll hierbei nur ein notwendiger Selbstbehalt zustehen, der sich an den Vorgaben dar Leistungen des SGB II orientiert. Dieser liegt derzeit noch bis zum 31.12.2010 gegenüber minderjährigen und diesen gleichgestellten Kindern im Falle der Erwerbstätigkeit des Unterhaltsverpflichteten bei € 900,00, im Falle der Erwerbslosigkeit bei € 770,00.

 

Für den Bereich des angemessenen Selbstbehalts stellt sich die Situation anders dar, da hier die Grenzen des Selbstbehalts großzügiger bemessen sind. Die Unterhaltsberechtigten verfügen hier über andere Möglichkeiten, für ihren eigenen Lebensbedarf zu sorgen. Gegenüber den Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder liegt dieser Selbstbehalt bei gegenwärtig € 1.100,00 für Erwerbstätige bzw. € 935,00 für Erwerbslose. Bei Unterhaltsansprüchen von getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartner oder nichtehelichen Partnern nach § 1615 l BGB bei € 1.000,00 für Erwerbstätige bzw. € 935,00 für Erwerbslose.

 

Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Beträge den neuesten Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden können. Hierbei steht die Definition des sozioökonomischen Existenzminimums nach der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 (1 BvL 4/09) besonders im Vordergrund der Betrachtung. Gesichert werden soll das menschenwürdige Existenzminimum, mit dem nicht nur der notwendige Lebensbedarf abgedeckt, sondern auch die Teilnahme an dem sozialen Leben in einem zumindest bescheidenen Umfang ermöglicht werden soll. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins sichert jedem Hilfebedürftigem diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichem, kulturellem und politischem Leben unerlässlich sind. Dieses Mindestmaß soll der Gesetzgeber in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf, also realitätsgerecht, bemessen.

 

Welche Grenze darf der Selbstbehalt derzeit nicht unterschreiten? Diese Frage ist nach den gängigen Regelsätzen zu beantworten. Die bis zum 31.12.2010 vorläufig weiter geltenden Regelsätze liegen bei einem Alleinstehenden bei € 359,00. Hinzukommen die durchschnittlichen Kosten für die Unterkunft und Heizung von derzeit € 320,00.

 

Weiterhin sind die nach § 30 II SGB II zu berücksichtigenden Freibeträge für das Erwerbseinkommen hinzuzurechnen. Basis der Freibeträge nach § 30 II SGB II ist das Bruttoeinkommen des Erwerbstätigen, also das Einkommen ohne Abzug der Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge. Das System dieser Freibeträge sieht bei einem Bruttoeinkommen bis € 800,00 neben dem Grundfreibetrag von € 100,00 einen weiter abzusetzenden Freibetrag von 20% aus der Differenz zu dem Grundeinkommen vor mit der Folge, dass dem Erwerbstätigen von einen Anteil von € 700,00 noch € 140,00 als weiterer Freibetrag verbleiben. Dieser weitere Freibetrag erhöht sich bei dem die Grenze von € 800,00 übersteigenden Einkommen aus der Differenz zu dem Einkommen von € 800,00 um weitere 10%. Bei einem Bruttoeinkommen von € 1.200,00 ergibt sich daher bei einer Differenz von € 400,00 noch ein Abzug von weiteren € 40,00 für den Freibetrag. Damit steht dem Erwerbstätigen beispielsweise bei einem Bruttoeinkommen von mindestens € 1.200,00 insgesamt ein Freibetrag von € 280,00 zur Verfügung. Damit müsste sich der Freibetrag im Sinne eines Erwerbsanreizes für den Unterhaltspflichtigen generell auf insgesamt € 280,00 erhöhen mit der Folge, dass der notwendige Selbstbehalt im Bereich des Kindesunterhalts bereits bei einem Betrag von € 959,00 liegt. Im Rahmen des notwendigen Selbstbehalts dürfte dieser damit die Grenze von € 959,00 nicht unterschreiten. Unberücksichtigt bleibt hierbei der eingangs geforderte Spielraum für weitere notwendige Ausgaben wie die berufsbedingten Aufwendungen oder Beiträge für die Versicherungen und die Altersvorsorge.

 

Der Selbstbehalt sollte daher diese Grenze angemessen überschreiten dürfen. Angesichts der Unsicherheit über die Höhe des sozialrechtlichen Existenzminimums in der Zeit nach dem 01.01.2011 sollte dieser Spielraum eher großzügig angesetzt werden, da keine abschließenden Bezugsgrößen derzeit existieren.

 

In der Praxis unterliegt jedoch der Unterhaltspflichtige gewissen variablen Kosten, die neben den eigentlichen Abzugspositionen im Rahmen der Ermittlung des konkreten Unterhalts, wie den berufsbedingten Aufwendungen, die überwiegend mit einem Anteil von 5% vom Nettoeinkommen angesetzt werden oder den notwendigen Kosten für eine Altersvorsorge auftreten können. Gleichermaßen aufzuzählen sind die gestiegenen Wohnkosten in Großstädten oder auch gestiegene Fahrt- oder Kreditkosten. Diese müssen ebenfalls von einem gewissen finanziellen Puffer bestritten werden können. Der BGH akzeptiert mittlerweile einen Erwerbsanreiz (vgl. BGH, FamRZ 2010, 357), auch wenn die konkrete Höhe derzeit noch umstritten und damit offen ist.

 

Für diesen finanziellen Spielraum, der nicht abschließend von dem Erwerbsanreiz abgedeckt werden kann, spricht, dass mit diesem ein weiterer Erwerbsanreiz verbunden ist, dieser also der Arbeitsmotivation dient und einen Spielraum für Sonderausgaben belässt.

 

Nach den jüngsten Entwicklungen erscheint selbst dieser finanzielle Spielraum jedoch als zu gering. Im Bereich der notwendigen abzugsfähigen Kosten, die ebenfalls von dem Erwerbsanreiz bestritten werden können, sind zusätzliche Belastungen für den Bürger zu erwarten, die zu einer Verringerung des derzeitigen Nettoeinkommensniveaus führten. Angesprochen sind die zu erwartenden Erhöhungen der Krankenkassenbeiträge und die vermehrt von den Versicherten zu zahlenden Zusatzbeiträge an die Krankenkassen. Einerseits sind die Beiträge von derzeit 7,9 % und künftig von 8,20 %, die der Versicherte selbst neben dem Arbeitgeber zu zahlen hat, im Bereich des Vorwegabzugs zu berücksichtigen, Andererseits unterliegen die Zusatzbeiträge den notwendigen zusätzlichen Ausgaben, die im Rahmen des Erwerbsanreizes der € 280,00 zu tragen sind. In jedem Fall erhöhen sich die Beiträge im Bereich durchschnittlicher Einkommen um bis zu € 7,95. Die weiter partiell auftretenden Zusatzbeiträge summieren sich auf bis zu € 30,00 – je nach Einkommen.

 

Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die derzeit geltenden – eingangs zitierten - Sätze überhaupt noch die obigen Funktionen erfüllen. Dieses wird anhand eines einfachen Beispiels hinterfragt, bei dem der Unterhaltsverpflichtete ein Bruttoeinkommen von € 2.650,00 brutto verdient. Dieses Einkommen entspricht dem durchschnittlichen Einkommen, das die Rentenversicherung einer durchschnittlichen Altersrente zugrundelegt. Aus diesem Bruttoeinkommen ergibt sich ein Nettoeinkommen von ca. € 1.682,00, hiervon werden für die berufsbedingten Aufwendungen ein Anteil von 5% (€ 84,10) abgezogen. Damit verbleiben ihm ca. € 1.598,00 an unterhaltsrelevantem Nettoeinkommen. Hiervon zahlt er an seine zwei Kinder im Alter von 5 und 8 Jahren und der Unterhaltspflicht für seine getrenntlebende oder geschiedene Ehefrau Unterhalt in den Grenzen bis zum derzeit geltenden Selbstbehalt, also € 225,00 für das jüngere Kind und € 272,00 für das ältere Kind und € 101,00 an seine Ehefrau. Damit bleiben ihm nur die € 1.000,00.

 

Mit diesem Spielraum wird er künftig nicht in der Lage sein, seinen notwendigen Kosten zu bestreiten, ohne Zuschüsse für seine Unterkunftskosten für die Miete oder die Unterkunftskosten zu beantragen. Ebenso stehen die Kosten für die eigene zusätzliche Altersabsicherung in Frage, gleiches trifft auf die Fahrtkosten den Weg zur oder von der Arbeit angesichts gestiegener Energiekosten und geringerer steuerliche Absetzbarkeit zu. Diese Entwicklung betrifft gleichermaßen auch den angemessenen Selbstbehalt.

 

Gegenwärtig spricht daher vieles dafür, den gegenwärtigen Selbstbehalt um den tatsächlichen Freibetrag nach § 30 II SGB II in einer Höhe von € 280,00 zu ergänzen. Damit dürfte der Selbstbehalt zunächst im Bereich des notwendigen Lebensbedarfs einen Betrag von € 959,00 nicht unterschreiten. Das OLG Frankfurt hat hierzu bereits in seinen neuen Leitlinien – Stand 01.07.2010 – angedeutet, für die Zeit ab dem 01.01.2011 den Selbstbehalt in folgender Weise zu erhöhen und damit dieser Grenze anzupassen.

 

Den notwendigen Selbstbehalt soll laut dieser Leitlinien von derzeit € 900,00 auf € 950,00 für Erwerbstätige und von € 770,00 auf € 800,00 für Nichterwerbstätige erhöht werden. Der angemessene Selbstbehalt soll sich von derzeit € 1.100,00 auf € 1.150,00 für Erwerbstätige ohne Aufteilung von Erwerbstätigen und Nichterwerbstätigen erhöhen. Der Ehegattenselbstbehalt soll sich von € 1.000,00 auf € 1.050,00 für Erwerbstätige und von € 935,00 auf € 975,00 für Nichterwerbstätige erhöhen.

 

Diese Anhebungen des Selbstbehalts erscheinen angesichts der oben genannten Unsicherheitsfaktoren, also der konkreten Erhöhung einzelner Positionen im Bereich eines zusätzlichen Erwerbsanreizes als zu gering, da sie die Gefahr zusätzlicher Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu Deckung des Lebensbedarfs nicht ausschließen. Daher erscheint eine Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts auf mindestens € 1.000,00 für Erwerbstätige bzw. € 850,00 für Erwerbslose notwendig, soll der Selbstbehalt noch einen Anreiz für eine Erwerbstätigkeit und einen Puffer für notwendige nicht abzugsfähige Sonderausgaben darstellen. Entsprechend sollte auch der Rahmen für den angemessenen Selbstbehalt – gegenwärtig in den Grenzen der Leitlinien des OLG Frankfurt für die Zeit ab dem 01.01.2011 – angepasst und eine spätere weitere Erhöhung nicht ausgeschlossen werden.

 

Manfred Hanesch, Fachanwalt für Sozial- und Familienrecht

Die Last mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Dasein nach Art. 1 Abs.1 GG am Beispiel der Hartz-IV Sätze für Familien und Alleinerziehende

RechtProgressiv
VDJ
Die Last mit dem Grundrecht auf ein
menschenwürdiges Dasein nach Art. 1 Abs.1 GG
am Beispiel der Hartz-IV Sätze für Familien und Alleinerziehende, 
Anmerkungen zur Reform von Hartz IV, insbesondere zur Einführung von Bildungsgutscheinen für Kinder und den Berechnungskriterien bei der Hartz-Reform vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010 von Manfred Hanesch Mit dem Paukenschlag der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09. Februar 2010 (1 BvL 1, 3 u. 4/09) stand die Frage im Blickpunkt der öffentlichen Diskussion, über welche Leistungssätze Familien und Alleinerziehende und deren Kinder nach dem SGB II müssen, um nicht als arm zu gelten. Einerseits war diese Diskussion geprägt von der Erkenntnis, dass Familien und Alleinerziehenden für ihren täglichen Bedarf noch nicht einmal das Notwendigste für ihr durch die Entscheidung grundrechtlich zugesichertes Existenzminimum erhalten und eine Teilhabe an dem öffentlichen Leben insbesondere für Kinder nach den gegenwärtigen Sätzen nicht möglich ist. Andererseits wurde vor der Einführung der entsprechenden Bedarfssätze aus Angst vor spätrömischer Dekadenz gewarnt, sofern man jedem Anspruchsteller die für sein sozioökonomisches Existenzminimum notwendigen finanziellen Mittel im Rahmen der §§ 20 und 28 SGB II zur Verfügung ohne die Forderung nach den notwendigen Eigenleistungen in Form der Stellenbewerbungen stellt. Worum geht es in der eingangs zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts? Die BezieherInnen von Leistungen nach den §§ 20 und 28 SGB II erhalten für ihren Lebensbedarf eine Regelleistung zur Sicherung ihres Lebensunterhalts, also einen bestimmten Geldbetrag in Form eines Regelsatzes, der ihnen die Sicherstellung ihrer Bedürfnisse nach Ernährung oder Kleidung u. a. ermöglichen soll. Unter Rückgriff auf die Regelung des § 27 Abs.1 S.2 SGB XII als Auslegungsmaßstab gehören zu diesem Lebensbedarf auch diejenigen Mittel, die zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens in vertretbaren Umfang auch die Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellem Leben ermöglichen sollen. Mit dem Regelsatz nach den §§ 20 und 28 © RechtProgressiv · URL of this document: http://www.rechtprogressiv.de/die-last-mit-dem-grundrecht-auf-ein-menschenwurdiges-dasein-nach-art-1-abs-1-gg-am-beispiel-der-hartz-iv-satze-fur-familien-und-alleinerziehende/ · Document created: September 8th, 2011, 8:48 pm SGB II soll also in vertretbarem Umfang die Teilhabe an dem politischen und an dem kulturellen Leben sichergestellt werden. Hierzu gehören nach § 28 SGB II auch die nicht erwerbsfähigen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, also der Kinder bis 18 Jahren, die mit ihren Eltern zusammenleben. Ihnen soll gemessen an diesen Maßstäben ein adäquater Leistungssatz zufließen. Die Höhe dieser Sätze liegt seit dem 01.01.2011 für Alleinstehende bei ? 364,00. Lebt der/die AntragstellerIn mit einer/einem PartnerIn zusammen, erhalten er/sie und der/die PartnerIn nur einen Anteil von 90% dieses Regelsatzes. Die Kinder erhalten von dem Ausgangsregelsatz, der bis zum 31.12.2010 für Alleinstehende galt und bei einer Höhe von ? 359,00 lag, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einen Anteil von 60% dieses Regelsatzes und ab dem 15. Lebensjahr einen Anteil von 80% dieses Regelsatzes. Als Maßstab für die konkrete Höhe des Regelsatzes für Kinder und Jugendliche wird nach dem 01.01.2011 der bis zum 31.12.2010 geltende Regelsatz für Alleinstehende von ? 359,00 herangezogen. Das hessische Landessozialgericht kritisierte in seinem Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht vom 29.10.2008, Az.: L 6 AS 336/07, dass die Ermittlung dieser Leistungssätze nicht transparent sei. So dient für die Ermittlung dieses Leistungssatzes immer noch das Statistikmodell (§ 28 Abs.3 S.2 u. 3 SGB XII) als grundlegender Maßstab. Nach diesem Statistikmodell erfolgt die Regelsatzbemessung. Nach § 28 Abs. 3 S.2 SGB XII berücksichtigt die Regelsatzbemessung den Stand und die Entwicklung von Nettoeinkommen, VerbraucherInnenverhalten und Lebenshaltungskosten. Nach S. 3 dieser Vorschrift sind Grundlage die tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Die Datengrundlage bilden die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Die Bemessung wird nach dieser Vorschrift regelmäßig geprüft und weiterentwickelt. Mit diesem Prinzip erfolgte auch zur Einführung des heutigen SGB II die Ermittlung der Bedarfssätze auf Basis des alten bis zum 31.12.2004 geltenden Bundessozialhilfegesetzes. Nach dem Statistikmodell wurden zunächst die Bedarfsätze ermittelt und der Neuregelung ab dem 01.01.2005, der Einführung des SGB II zugrunde gelegt. Die Grundlage bildete aber eine statistische Ermittlung des Lebensbedarfs aus dem Jahre 1998. Hieraus wurde zum Stichtag des 01.07.2003 der konkrete Bedarf hochgerechnet (mittels eines Zuschlags von 20%) und dem im Dezember 2003 vom Bundestag verabschiedeten SGB II zugrunde gelegt. Eine Korrektur der sich hieraus ergebenden Regelsätze wurde unter Hinweis auf den seit dem 01.07.2003 nicht mehr erhöhten Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt. Diese Begründung des Gesetzgebers war systemwidrig, denn der Rentenwert, der der aktuellen Rentenberechnung nach dem SGB VI zugrunde gelegt wird, bestimmt sich aus dem Verhältnis der für den Rentenbeitrag heranzuziehenden Durchschnittseinkommen. Auf dieser Grundlage wird der durchschnittliche Rentenbeitrag ermittelt und in dem Versicherungsverlauf mit einem Entgeltpunkt von 1,0 berücksichtigt. Der Rentenwert wird auf dieser Basis gesetzlich festgelegt. Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einem Entgeltpunkt für die Ermittlung einer monatlichen Rente wegen Alters auf Basis dese Versicherungsverlaufs entspricht. Die Bedarfssätze der Regelungen des §§ 20 und 28 SGB II werden weiterhin nach dem Statistikmodell errechnet. Bereits bei Einführung der Regelleistungen nach diesen Vorschriften wurde im Schrifttum die mangelnde Transparenz dieses Verfahrens gerügt. Zu bedenken ist auch, dass bereits zu diesem Zeitpunkt im Zuge der Einführung des SGB II infolge der Einführung des Minijobs und des Niedriglohnsektors das Einkommensniveau der Bevölkerung stark abgesunken und daher auch das Lohnabstandsgebot in Frage gestellt war. Nach diesem Gebot sollte der Empfänger der Regelleistungen weniger konsumieren können, als die untersten 20% der nach ihrem Nettoeinkommen für ihren Lebensbedarf auf Grundlage ihres Nettoeinkommens zur Verfügung steht. Betroffen von der Einführung dieses Niedriglohnsektors waren überwiegen Alleinerziehende, dort vor allem alleinstehende, also in Trennung oder in Scheidung lebende Frauen mit ihren Kindern, die auf dem offenen Arbeitsmarkt über keine oder unzureichende Stellenangebote verfügten. Hinzukommt, dass diese Arbeitnehmerinnen auf Grund der Tatsache der Kinderbetreuung oft auch nur in Teilzeit arbeiten können und damit gezwungen werden, über die Leistungen nach dem SGB II ihren Lebensbedarf und den Lebensbedarf ihrer Kinder sicherzustellen. Der von Seiten des Gesetzgebers gedachte Ansatz, alleinerziehenden Frauen ein Abrutschen in Armut zu ersparen, verkehrt sich auf Grund dieser Rahmenbedingungen in sein Gegenteil. Für den Fall des Leistungsbezugs oder bei Aufstocken eines Niedriglohns über die Regelleistungen rutschen diese weiter in die Armut. Die Regelsätze ermitteln sich nun ironischerweise über das Statistikmodell nach dem Lebensbedarf der Alleinstehenden als Angehörige aller Nettoverdiener. Damit ergibt sich die für alleinstehende Mütter noch prekärere Situation, dass nach diesem Modell ihr konkret abzudeckender Lebensbedarf ohne Berücksichtigung ihres besonderen Lebensbedarfs nach dem Bedarf Alleinstehender ermittelt wird. Hierdurch verringert sich der für sie zu berücksichtigende Lebensbedarf und führt unter Anwendung dieses Modells zu einem weiteren Abrutschen in Armut. Ein erster Schritt wäre hierbei, für die Alleinstehenden den Lebensbedarf zu ermitteln, hiervon getrennt aber den besonderen Lebensbedarf der allerziehenden Frauen mit Kindern, der im Rahmen des Regelsatzes abzudecken wäre. Mit dem Bildungspaket hätte hierzu eine Chance bestanden, wenn man die mit diesem Paket verbundenen Einzelleistungen konkret den anspruchsberechtigten Kindern im Rahmen des Regelsatzes zugebilligt hätte. Da aber diese Leistungen als Sonderleistungen gewährt werden, die nicht dem Lebensbedarf und damit den Regelsätzen zuzuordnen sind, rutscht diese Gruppe der Betroffenen unter dieser Anwendung des Statistikmodells noch weiter in die Armut ab. Sollten sie Unterhalt und Kindergeld beziehen, wurden diese auf die SGB II Leistungen angerechnet und damit aufgebraucht. Vollzeitjobs standen diesen Betroffenen ebenso wenig zur Verfügung, sie wurden innerbetrieblich auf Grund ihrer Situation benachteiligt oder konnten diese schlichtweg auf Grund mangelnder Betreuungsmöglichkeiten nicht antreten. Auch das Elterngeld wird als Einkommen auf die Hartz- IV Leistungen angerechnet und stellt damit im Niedriglohnsektor keine Entlastung dar. An diesen Missständen hat sich nichts bzw. wenig geändert, von daher gelten diese Gruppen als besonders gefährdet. Es bleibt den Arbeitsvertrags- und Tarifvertragsparteien und den Betriebsräten vorbehalten, an dieser Situation etwas zu ändern. Sollten aber keine Mindestlöhne eingeführt oder die Minijobs angepasst und in sozialversicherungspflichtige Jobs umgewandelt werden, bleiben diese Alleinerziehenden weiterhin von dem Bezug von SGB II abhängig. Ebenso wurde kritisiert, dass keine ausreichenden Erhebungen über den tatsächlichen Bedarf der Familien und Alleinerziehenden und deren Kinder für die Ermittlung dieser Sätze erfolgten, so dass es an der notwendigen Transparenz für die Ermittlung dieser Regelsätze fehlt. Die geltenden Sätze resultierten aus einem unzulässigen Vergleich mit den unteren Einkommensgruppen alleinstehender Erwerbstätiger, die als nicht Kinder betreuende Arbeitnehmer über einen anderen Lebensbedarf verfügten, als Familien und Alleinerziehende mit Kindern. Dieses belegt auch ein eigens vom hessischen Landessozialgericht eingeholtes Gutachten, das bei einer transparenten Ermittlung des konkreten Bedarfs zu einem anderen, wesentlich höheren Bedarf für diese Personengruppen kommt und damit den Rückschluss auf höhere Regelsätze zuließ. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lagen insgesamt 3 Vorlagebeschlüsse zugrunde. Neben dem oben genannten Vorlagebeschluss des hessischen Landessozialgerichts lagen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch 2 Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts vor. Das Bundessozialgericht kritisierte in seinen Vorlagebeschlüssen vom 27.01.2009 - Az.: B 14 AS 5/08 R und B 14/11b AS 5/08 R die Höhe des Regelsatzes für Kinder von 60%, ohne dass der für Kinder maßgebliche Bedarf konkret ermittelt wurde, als einen möglichen Verstoß gegenüber Art. 3 I i. V. m. Art. 1, 6 Abs.2 und 20 Abs.1 GG. Ebenso, dass dieser Regelsatz pauschal für alle Kinder bis 14 Jahren gelten sollte, ohne nach weiteren Altersstufen und damit nach einem unterschiedlichen von der jeweiligen Altersstufe abhängigen Bedarf zu unterscheiden. Ebenso, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem § 20 SGB II abschließend und bedarfsdeckend sein sollte, während deren Kinder im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft nach § 28 SGB II nur über einen anderen Bedarf verfügten, ohne diesen konkret zu ermitteln. Gemeint ist also, dass der tatsächliche Bedarf dieser Kinder nie ermittelt wurde und daher die Regelsätze entgegen den Vorgaben des § 28 Abs.3 SGB XII nur pauschal ermittelt wurden. Das Bundesverfassungsgericht führte hierzu aus, dass der Gesetzgeber von dem Sozialstaatsgebot den Auftrag erhält, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Hierbei steht ihm zwar ein Gestaltungsspielraum bei den Wertungen zu, die mit der Bestimmung der Höhe des Existenzminimums verbunden ist. Der gesetzliche Leistungsanspruch muss jedoch so ausgestaltet sein, dass es stets den existenznotwendigen Bedarf der individuellen GrundrechtsträgerInnen deckt und ihnen eine Teilhabe am politischen und kulturellem Leben ermöglicht. Diese Forderung an den Gesetzgeber hat das Bundesverfassungsgericht erstmalig als Grundrecht formuliert, das sich aus Art. 1 Abs.1 i. V. m. Art. 20 Abs.1 GG herleitet. Der Gesetzgeber hat für die Ermittlung dieses Existenzminimums alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs zu ermitteln und zu bemessen. Das hierbei gefundene Ergebnis ist fortwährend zu prüfen und weiter zu entwickeln, um sicherzustellen, dass dieser Bedarf auch tatsächlich abgedeckt wird. Dieser kann sich auch kontinuierlich verändern. Das in den Regelungen des § 28 Abs.3 S.2 und 3 SGB XII festgelegte Statistikmodell könne weiterhin die Basis für die Ermittlung des konkreten Bedarfs sein, der über den Regelsatz abzudecken ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der individuelle Bedarf des Hilfebedürftigen in einzelnen Ausgabepositionen vom durchschnittlichen Verbrauch abweichen kann. Der Gesamtbetrag der Regelleistung soll aber ermöglichen, einen überdurchschnittlichen Bedarf in einer Position durch einen unterdurchschnittlichen Bedarf in einer anderen Position auszugleichen. Der Gesetzgeber muss deshalb die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge so bestimmen, dass ein interner Ausgleich möglich bleibt. Die eingangs geschilderte aktuelle Ermittlung des Bedarfs und damit der Regelsätze nach §§ 20 und 28 SGB II beruht auf einer unzureichenden Ermittlung dieses Bedarfs - ebenso beruht die Ermittlung des Bedarfs für die Kinder bis zum 14. Lebensjahr auf einer unzureichenden Ermittlung deren konkreten Lebensbedarfs, so dass diese Regelsätze nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügten. Es fehlt zudem eine Regelung, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines zur Deckung eines menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs beruht. Ein gegenüber § 20 SGB II besonderer Bedarf, wie bei Kindern bis 14 Jahren, wird nicht ausreichend berücksichtigt. Für das Bundesverfassungsgericht ist auf Grund der grundrechtlich geschützten Position der Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums die Einführung eines transparenten Verfahrens zur Ermittlung des konkret abzusichernden Bedarfs notwendig, das auch weiterhin auf Basis des Statistikmodells erfolgen kann. Eine Festlegung auf ein konkretes Modell der Bedarfsermittlung erfolgte nicht, das angewendete Verfahren muss jedoch transparent und damit überprüfbar sein. Es muss jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichern, die für seine psychische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht aus Art. 1 Abs.1 GG hat als Gewährleistungsgrundrecht in seiner Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot neben dem Grundrecht auf Wahrung der Menschenwürde eine eigenständige Bedeutung. Zur Ermittlung des Anspruchsumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht und nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher empirischer Daten und Zahlen und schlüssiger Berechnungsweisen zu bemessen. Der Gesetzgeber kann den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch einen monatlichen Festbetrag decken, muss aber für einen darüber hinausgehenden unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen Bedarf, einen zusätzlichen Leistungsanspruch gewähren. Der Gesetzgeber hat nun in Form eines Bildungspakets diesen Bedarf in einem begrenzten Umfang abgedeckt, ohne ihn jedoch nach nachvollziehbaren Kriterien transparent und in der Höhe nachvollziehbar zu ermitteln. Hieran fehlte offenkundig aus fiskalischen Gründen das Interesse, bilden die mit dem Bildungspaket vermittelten Leistungen nur eine Pauschale für einen konkreten Sonderbedarf außerhalb des Regelsatzes. So werden nur Leistungen für spezielle Ausgaben, wie für das Schulessen, oder die Mitgliedschaft an Sportvereinen oder dem Musikunterricht vermittelt, die laufend auszuzahlen sind. Diese Anträge können die Betroffenen gegenüber dem Jobcenter stellen, die Leistungen werden jedoch direkt an Dritte ausgezahlt, so dass der Leistungsbezug zunächst einmal auch anderen bekannt werden muss. Aufwendungen für Nachhilfe werden nur zeitlich begrenzt und auf Vorlage einer Bestätigung der Schule bewilligt. Für das Schulessen zahlen die Kinder nur einen Betrag von ? 1,00, damit können aber alle den Leistungsbezug feststellen. Wer stellt dann noch einen Antrag? Der Regelsatz wird weiterhin nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden früheren Ausgangsregelsatz ermittelt. Fragwürdig ist auch, inwieweit die Zuwendung dieser Leistungen unter Ausschluss der LeistungsempfängerInnen als AdressatInnen der Leistung mit dem Grundrecht der Menschenwürde vereinbar ist, wenn nicht wenige Anspruchsberechtigte davon abgehalten werden, diese Ansprüche geltend zumachen. Erinnert sei an dieser Stelle an eine Bemerkung des Stadtschulsprechers der Stadt Darmstadt in einer öffentlichen Diskussion, der äußerte, wenn seine MitschülerInnen merkten, dass ich für das Essen in der Schule nur ? 1,00 zahlen muss, die anderen aber ? 3,00 zu zahlen haben, sei er als Hilfeempfänger bloßgestellt und damit diskriminiert. Ebenso wenig fördert die Anweisung des Vereinsbeitrags durch die Jobcenter an einen Sportverein die Integration von anspruchberechtigten Kindern. Die Kinder erhalten damit eine Beruhigungspille nach dem Grundsatz ?Morgen Kinder wird´s was geben, heute aber nicht?, die konkreten Bedürfnisse der Familien und Alleinerziehenden werden jedoch weiterhin nicht angemessen ermittelt und berücksichtigt. Gravierend ist auch, dass die Höhe der Leistungen des Bildungspakets nicht nach transparenten Kriterien ermittelt wurde, also der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts auch in dieser Hinsicht nicht ausgeführt wurde. Damit bleibt auch die derzeit geltende Höhe der Regelsätze zweifelhaft, eine Erhöhung ist damit für die Zukunft nicht ausgeschlossen, sollten die jetzigen Sätze nicht den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. Eine gravierende am Existenzminimum orientierte Erhöhung der Leistungssätze wäre die Folge, würde der Gesetzgeber die erste Stufe der Ermittlung verfassungsgemäßer Leistungssätze transparent ausführen und damit dem Anliegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nachkommen. Der Gesetzgeber kam nach seiner Lesart dieser Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach und ermittelte den konkreten Bedarf, der die Grundlage für die Regelleistungen bildet, anhand statistischer Erhebungen entsprechend dem Statistikmodell nach und kam zu dem Ergebnis einer Erhöhung des Regelsatzes für alleinstehende LeistungsempfängerInnen um ? 5,00 und begründete dieses mit der Herausnahme von Alkohol und Zigaretten aus dem Warenkorb für Leistungsempfänger. Die Frage ist, inwieweit auch bei Annahme der Transparenz dieses Verfahren ausreichend ist, die Höhe der Regelsätze zu begründen. Das Bundesverfassungsgericht fordert den Gesetzgeber zu einer ständigen Prüfung und Ermittlung der Leistungssätze auf. Dieses kann nur bedeuten, dass nach einer entsprechenden Korrektur und damit einhergehenden Anpassung der Leistungssätze eine erneute Erhebung erforderlich ist, um zu prüfen, ob diese Leistungssätze noch ermittelbaren Lebensbedarf entsprechen. Damit verbunden ist auch eine erneute Prüfung, ob diese Leistungssätze noch den Bedarf decken, der über den Regelsatz abzusichern ist oder nicht. Werden nun, wie im Bereich des Bildungspakets Leistungssätze ermittelt, die bereits im Ansatz, also in der Höhe, nicht nachvollziehbar sind, so müssten auch die Leistungen des Bildungspakets einer erneuten Prüfung entsprechend dem tatsächlichen Bedarf in dieser besonderen Lebenssituation unterzogen werden. Da der Gesetzgeber die Bedarfssätze des Bildungspakets aber ausdrücklich nicht den Regelsätzen zuordnete, nahm er diese Leistungen aus den ausdrücklichen Anforderungen der regelmäßigen Prüfung und Anpassung, wie sie das Bundesverfassungsgericht forderte, heraus und ersparte sich eine Prüfung der Leistungssätze des Bildungspakets. Zusammengefasst ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wie folgt zu interpretieren. Das Bundesverfassungsgericht fordert zunächst eine Ermittlung des Lebensbedarfs, der über die Regelsätze abzudecken ist. Sollte dieser nicht den notwendigen Bedarf abdecken, so sind ggf. erneut dieser Bedarf zu ermitteln und die Regelsätze anzupassen. In einem ersten Schritt wird dieser Bedarf also konkret ermittelt und in einem zweiten Schritt führt dieser zu einer ggf. erneuten Anpassung der Regelsätze. In welcher Höhe, bleibt offen, diese kann bis zu einer Einführung eines existenzsichernden Grundeinkommens gehen. Hierfür fehlt es aber an gesicherten empirischen Daten, die ebenfalls zu ermitteln sind. Erst mit diesen Schritten wäre der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen worden. Der von mir auf Basis der Entscheidung vorgeschlagene Weg würde zu einer angemessenen Ermittlung der Regelsätze führen. Die Leistungen des Bildungspakets sind hierbei den Regelleistungen zuzuordnen und sollten auch den Adressaten konkret zugewendet werden, um diese Prüfung und Anpassung ggf. zu ermöglichen. Bis zu diesem Schritt gehen Familien und Alleinerziehenden und damit vor allem alleinerziehende Frauen weiterhin leer aus. Kinder gehören entgegen dem Verfassungsauftrag damit zu den Verlierern der aktuellen Gesetzeslage und werden zu AlmosenempfängerInnen herabgestuft. Die gesetzliche Neuregelung im Bereich des Bildungspaktes entsprich nicht den Anforderungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und ist damit ebenfalls verfassungswidrig. Die Bundesarbeits- und -sozialministerin ist damit weiterhin ihrem eigentlichen Auftrag, alleinerziehenden Frauen mit Kindern ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern, nicht nachgekommen. Manfred Hanesch, Fachanwalt für Familien- und Sozialrecht This entry was posted on Thursday, September 8th, 2011 at 5:55 pm and is filed under Bedarf zu ermitteln und die Regelsätze anzupassen. In einem ersten Schritt wird dieser Bedarf also konkret ermittelt und in einem zweiten Schritt führt dieser zu einer ggf. erneuten Anpassung der Regelsätze. In welcher Höhe, bleibt offen, diese kann bis zu einer Einführung eines existenzsichernden Grundeinkommens gehen. Hierfür fehlt es aber an gesicherten empirischen Daten, die ebenfalls zu ermitteln sind. Erst mit diesen Schritten wäre der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen worden. Der von mir auf Basis der Entscheidung vorgeschlagene Weg würde zu einer angemessenen Ermittlung der Regelsätze führen. Die Leistungen des Bildungspakets sind hierbei den Regelleistungen zuzuordnen und sollten auch den Adressaten konkret zugewendet werden, um diese Prüfung und Anpassung ggf. zu ermöglichen. Bis zu diesem Schritt gehen Familien und Alleinerziehenden und damit vor allem alleinerziehende Frauen weiterhin leer aus. Kinder gehören entgegen dem Verfassungsauftrag damit zu den Verlierern der aktuellen Gesetzeslage und werden zu AlmosenempfängerInnen herabgestuft. Die gesetzliche Neuregelung im Bereich des Bildungspaktes entsprich nicht den Anforderungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und ist damit ebenfalls verfassungswidrig. Die Bundesarbeits- und -sozialministerin ist damit weiterhin ihrem eigentlichen Auftrag, alleinerziehenden Frauen mit Kindern ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern, nicht nachgekommen. Manfred Hanesch, Fachanwalt für Familien- und Sozialrecht This entry was posted on Thursday, September 8th, 2011 at 5:55 pm and is filed under Staat Demokratie BürgerInnenrechteYou can follow any responses to this entry through the Comments (RSS) feed. You can leave a response, or trackback from your own site. RechtProgressiv is proudly powered by WordPress. PDF created by ContuttoPDF.