Hessischer Landtag

Kleine Anfrage

des Abg. Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen)

vom 21.11.2001

betreffend Unterhaltszahlungen geschiedener

bzw. getrennt lebender Väter

und

Antwort

der Sozialministerin CDU

Vorbemerkung des Fragestellers:

Die Forderung, zahlungsunwillige Väter durch Führerscheinentzug zur Unterhaltszahlung zu zwingen, setzt voraus, dass die Mehrheit der geschiedenen bzw. getrennt lebenden Väter zahlungsunwillig und nicht zahlungsunfähig sind.

Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Ein-

vernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und dem Minister

der Justiz wie folgt:

Frage 1

Welche gesetzlichen Bestimmungen sind zu novellieren, wenn der Vorschlag der Sozialministerin, zahlungsunwillige Väter durch Führerscheinentzug zu „bestrafen“, umgesetzt werden soll ?

Voraussetzungen zur Verhängung eines befristeten Fahrverbotes oder zum Entzug der Fahrerlaubnis sind in den §§ 44 und 69 StGB geregelt. Beide Fälle sind nach der derzeitigen Rechtslage daran gebunden, dass eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen worden sind.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Zahlungsunwilligkeit unterhaltsverpflichteter Personen würde voraussetzen, dass der Straftatbestand des § 170 StGB der Unterhaltspflichtverletzung erfüllt ist und § 44 und/oder § 69 StGB um den Tatbestand des § 170 StGB erweitert würde. Derzeit bemühen sich mehrere kommunale Gebietskörperschaften in ihrer politischen Verantwortung für die Rückforderungen im Rahmen des Unterhaltsvorschussgesetzes sehr intensiv darum, die Möglichkeiten der Strafverfolgung nach § 170 StGB verstärkt auszuschöpfen – z.B. der Main-Kinzig-Kreis, die Stadt Frankfurt am Main, der Main-Taunus Kreis. Positive Wirkungen sind bereits erkennbar. Es wird geprüft, ob dieses Vorgehen aufseiten der Kommunen zu einer deutlichen Verbesserung der familienpolitisch und sozialpolitisch gebotenen Erhöhung der Verantwortung von Unterhaltspflichtigen gegenüber ihren Kindern führen wird.

Frage 2.a)

Liegen der Landesregierung statistisch verifizierte Zahlen von zahlungsunfähigen Vätern von Unterhaltsleistungen in Hessen vor ?

Frage 2b)

Liegen der Landesregierung statistisch verifizierbare Zahlen von zahlungsunwilligen Vätern vor ?

Statistische Erhebungen für den Bereich des Unterhaltsvorschussgesetzes erfolgen bundesweit

nach einheitlichen Kriterien. Danach wurden zum Stichtag 31. Dezember 2001 in Hessen in 30.680 Fällen Unterhaltsvorschussleistungen gezahlt. In dieser Zahl sind auch Fälle enthalten, in denen Unterhaltsvorschuss für mehrere Kinder eines unterhaltspflichtigen Elternteils geleistet wird oder in denen unterhaltspflichtige Elternteile unbekannt oder nicht auffindbar sind, sodass ihre Zahlungsfähigkeit nicht überprüft werden kann. Der Anteil zahlungsunfähiger Unterhaltsschuldner wird nicht gesondert erfasst. Gleiches gilt für statistische Zahlen über zahlungsunwillige Väter.

Frage 3.

Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, zahlungsunwillige Väter zur Unterhaltszahlung zu zwingen?

Zahlungsunwillige Elternteile sind vor allem durch ein effizientes Rückforderungsverfahren zur Verantwortung zu ziehen. Dies hat die Landesregierung bei einzelnen kommunalen Gebietskörperschaften mit sehr geringer Rückholquote immer wieder eingefordert.

Die Durchsetzung des von der UVG-Stelle festgestellten Unterhaltsanspruchs hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch die Richtlinien zur Durchführung des UVG ( Stand: 1. Januar 2002 ) eindeutig geregelt. Darin wird unter anderem in Nr. 6.4 festgelegt:

„Der Unterhaltspflichtige ist zur Errichtung einer Jugendamtsurkunde ( § 59 SGB VIII ) über den errechneten Unterhaltsbetrag aufzufordern. Ist diese Urkunde errichtet, ist anschließend eine Vereinbarung über die Tilgung der aufgelaufenen Rückstände zu treffen.“

Weiterhin ist in Nr. 7.10.4 der UVG-Richtlinien Folgendes geregelt:

„Besteht der Verdacht, dass sich der andere Elternteil seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind entzogen hat, hat die zuständige UVG-Stelle zu prüfen, ob sie eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts einer Straftat nach § 170 Abs. 1 StGB ( Verletzung der Unterhaltspflicht) erstattet.“

Frage 4.

Ist der Landesregierung bekannt, in wie vielen Fällen in Hessen bei Unterhaltsfestsetzungen Mangelfallberechnungen durchgeführt werden?

Statistische Erhebungen über die Zahl der Fälle, in denen bei Leistungsgewährung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz unterhaltsrechtliche Mangelfallberechnungen durchgeführt werden müssen, erfolgen nicht.

Frage 5.

Ist der Landesregierung bekannt, wir viele offene Unterhaltsfälle in Hessen existieren ?

Statistische Erhebungen über offene Unterhaltsfälle sind für den Bereich des Unterhaltsvorschussgesetzes bisher nicht durchgeführt worden. Die Überprüfung der Anspruchsberechtigung einschließlich der veränderlichen Zahlungsfähigkeit der Unterhaltsschuldner muss aus dem Wesen der Leistung heraus eine laufende Aktivität sein. Unterhaltsvorschussfälle sind danach erst dann abgeschlossen, wenn kein Leistungsanspruch mehr besteht und die Rückforderungsmöglichkeiten völlig ausgeschöpft wurden. Alle anderen Fälle – z.B. während der Laufzeit der Leistungen – sind daher im Sinne der Frage offene Fälle.

Anhand der bundesweit einheitlich geführten Statistik können daher nur die Zahlen für die in 2001 geleisteten Unterhaltszahlungsfälle ( 30.680 ) und für die nach Entzug entsprechender Leistungen verfolgten Rückgriffsfälle ( 27.442 in 2001 ) benannt werden.

Frage 6.

Auf welcher Grundlage bzw. aufgrund welcher Berechnungen hat die Landesregierung den Haushaltsansatz des Landeshaushaltes für Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz im Jahr 2002 erneut reduziert ?

Der Haushaltsansatz für das jeweilige Haushaltsjahr wird unter Berücksichtigung der geleisteten Ausgaben von Vorjahren und einem aufgrund der festgestellten Entwicklung geschätzten Aufkommen ermittelt. Hinsichtlich der bei Kap. 0824 – 68131 veranschlagten Mittel über 35 Mio. Euro – nur Bundes- und Landesanteil -  ist für das Haushaltsjahr 2002 von voraussichtlichen Gesamtaufwendungen zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes in Höhe von 52,5 Mio. Euro ausgegangen worden. Dieser Ansatz wird als ausreichend erachtet.

Frage 7.

Um wie viel Prozent ist nach Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes im Jahr 1999 der Anteil der Unterhaltszahlungen von Vätern in Hessen gestiegen ?

Im Verhältnis zu den Ausgaben betrug die Rückholquote in 1999 rd. 14,19 v.H., in 2000 rd.

15,5 v.H. und in 2001 rd. 16,09 v.H. (Verhältnis Einnahmen/Ausgaben).

Wiesbaden, 15 Oktober 2002                           Silke Lautenschläger

Berichtet von RA Manfred Hanesch

 

Quelle: Report Nr. 95, März 2003/1, S. 39 ff